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Eine wahre Geschichte erzählt von Klaus Bayer " Charly "
Hallo liebe Kollegen und Freunde der Hochseefischerei,
wie ich bereits am Ende des III. Teil von „ Meine Erste Reise“ im Forum schrieb, sollte es sich auf meiner 2., einer Ostseereise entscheiden, ob
ich der Hochseefischerei treu bleibe oder nicht.
Da Heinz Bonkewitz bereits ähnliche Erinnerungen von seiner Ostseereise beschrieben hat, könnte der Leser zu der Überzeugung kommen,
diese, meine Erlebnisse wären ein „ Plagiat“. Aber ich schwöre beim Klabautermann, ich habe tatsächlich ähnliche Erfahrungen gemacht wie
Heinz Bonkewitz. Er allerdings 2 Jahre früher als ich. Aber die Verhältnisse schienen noch die gleichen zu sein.
Nach einer Freizeit von 48 Stunden, in denen alle zu ihren Angehörigen fuhren oder falls keine vorhanden waren, oder der Weg zu weit war,
z.B. nach Thüringen oder anderswo, die bleiben in Rostock und verbrachten die Freizeit entweder im Seemannsheim (der Höhle) oder in einer
der zahlreichen Bars oder Kneipen. Nach 2 Tagen aber trudelten alle wieder an Bord ein, um das Schiff wie bei jeder Reise auszurüsten und mit
dem notwendigsten zu versorgen.
Nun kam es des Öfteren vor, dass die Kaffeebüchsen in der Kombüse oder der Brücke aus unerklärlichen Gründen während der Freizeit von
selbst geleert hatten. Die Schiffswache war es nicht und andere, Fremde, kamen während unserer Abwesenheit nicht an Bord. Wo also war der
Kaffee geblieben? Wir sollten es bald erfahren, den Wilfried, unser Koch hatte am Ende der Reise den Kaffee mit gemahlenen Abführtabletten
vermischt. Als wir nun aus der Freizeit zurück kamen war kein Wachmann an Bord. Es stellte sich heraus, dass der Wachmann am vorherigen
Tag wegen starken Durchfalls und Verdacht auf Ruhr, krankgeschrieben werden musste. So Ernst die Sache auch schien, wir kannten die
Ursache und lachten uns ins Fäustchen. Fortan war die Kaffeebüchse nie mehr geleert!
Bei schönem Wetter, wir hatten ja inzwischen Ende April 1960, fuhren wir wieder hinaus. Es sollte eine nicht zu lange Reise werden, denn unser
Ziel war die Ostsee. Praktisch vor der eigenen Haustür. Was ich aber auf dieser Reise erlebte, ließ mich zu der Überlegung hinreißen,
„ dies ist deine letzte Reise lieber Klaus“.
Wir hatten den Fangplatz erreicht und der erste Hol kam über, ca. 20 Korb Schollen. Nun ist es ja so, dass diese 20 Korb auch noch geschlachtet
werden müssen und der Berg der Platten nicht abnehmen will. Das schlimmste aber war, und bestimmt nicht nur für mich, die stark gefallene
Außentemperatur.
Jeder Wasserspritzer der über das Deck ging, verwandelte sich sofort zu Eis und es waren nicht nur einzelnen Wasserspritzer die sich über das
Deck, die Schollen und uns ergossen.
Im Hand umdrehen gab es überall Eis. An den Aufbauten, den Wanten, den Masten, an allem. Es musste ein Mann abgestellt werden, der nur
das Eis abklopfte um zu verhindern, dass das Schiff zu schwer oder seitenlastig wurde. Für die übrigen hieß es aber schnellstens Schollen ritzen,
wobei die Finger selbst zu Eiszapfen wurden und die Fische auch zusammenfroren. Teile des Fanges wurden deshalb in den Betriebsgang
gebracht und dort geschlachtet. Waren wir mit dem Schlachten fertig, mussten nun alle am „Wintersport“, Eisschlagen teilnehmen und dann
kam auch schon der nächste Hol und alles wiederholte sich. Rasmus sei Dank, nicht die ganze Reise war so kalt und unangenehm.
Aber für mich stand fest: „das war meine letzte Reise!
Auf der Heimreise erfuhren wir, dass wir nach dem Einlaufen im Mai in die Werft gehen sollten. Erst hieß es Gehlsdorf, doch dann war es die
Neptun Werft. Zwischendurch aber haben wir noch einen Abstecher nach Polen, nach Gdynia gemacht und ich hatte Gelegenheit, erstmals
in einem ausländischen Hafen an Land zu gehen. Für meine 16 Jahre, ein bleibendes Erlebnis, denn ich wußte gerade einmal, dass es einen
kleinen Unterschied zwischen Männlein und Weiblein gab. Im Rostocker Stadthafen, in der Kogge dachte ich schon, etwas Verwerflicheres
könne es nicht geben. Was ich aber in Gdynia erlebte, übertraf alle meine Vorstellungskraft.
Unter der Obhut der Decksgang wurden wir Lehrlinge in das Rotlichtviertel eingeführt und eindringlich ermahnt, mit keiner Hure anzubändeln,
geschweige dann mit zu gehen. Landgänge in Polen hatten oftmals ein Nachspiel in Form eines Blumenkohls. Ein Besatzungsmitglied hatte
sich meistens mit einem Tripper infiziert und die Paulstraße in Rostock hatte so ihre Erfahrung mit den Hofis gemacht.
Die Huren in Polen waren zu dieser Zeit schon für ein paar Nylons oder ein paar schöne Dessous zu haben. Aber es gab auch die so genannten
Edelnutten, die es nur für Dollars machten. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, waren solche in der Moskaubar zu finden.
In den Hafenkneipen spielten sich an, unter und auf den Tischen so perverse Dinge ab, dass ich sie nicht weiter schildern möchte, zumal wir
uns nicht daran beteiligten. In meinem Hinterstübchen blieben diese Dinge mit einem Versprechen an mich selbst hängen, nie mit einer Nutte,
wo auch immer, ins Bett zu gehen. Das Versprechen habe ich bis heute gehalten und ich glaube auch nicht, dass ich es morgen noch tun werde!
Wir waren also inzwischen in der Werft, das Wetter war Super und die Arbeit, na ja, ein Bein hat sich keiner dabei ausgerissen, zumal die
Bedingungen unten denen wir arbeiteten nicht die besten waren. Alles was an Schiffskonservierung zu tun war, musste die Besatzung, außer
den abwesenden Urlaubern, selbst tun. Die Werftarbeiter kümmerten sich um diese Drecksarbeit nicht. Außerdem wurde Geld gespart wenn
die Besatzung selbst Hand anlegte. Also durften wir mit Rosthammer und Drahtbürste das Schiff vom Rost befreien, aber das so gründlich,
das unter dem neuen Anstrich nicht gleich wieder Rostblasen auftraten. Besonders wir Lehrlinge wurden zu besonders gründlicher Arbeit
angehalten und durften, weil wir besonders gründlich waren, auch an den beschissensten Ecken und Stellen ackern. Nachdem der Rost
beseitigt war, wurde er zwei Mal mit Bleimennige vorgestrichen und dann von den Werftarbeitern lackiert. Nebenbei wurde natürlich auch die
Maschine überholt und andere Dinge auf dem Logger instand gesetzt oder erneuert.
Mit diesem „ neuen „ Schiff ging es dann zur nächsten Fahrt wieder in Richtung Barentssee hinaus.
Aber da war doch noch etwas? Ach ja, ich wollte doch nach der Ostseereise nicht mehr fahren! Alles Quatsch, daran war überhaupt nicht mehr
zu denken. Lets Go, auf ein Neues.
Übrigens war das Thema meiner schriftlichen Prüfungsarbeit, „ Die Schiffskonservierung“. Note 2!